Als Bergsteiger und Skifahrer habe ich Seilbahnen als Aufstiegshilfen betrachtet: rechteckige Kabinen mit Haltegriffen, die möglichst steil nach oben fuhren. Man drängte sich mit Rucksack und Skiern hinein und versuchte, einen Blick nach außen zu erhaschen. In der Seilbahn auf den Piz Corvatsch wurde man noch von den Angestellten hineingeschoben – was mir danach nur zu Stoßzeiten in japanischen U-Bahnen passierte. Seilbahnen wurden inzwischen zu Aussichtsplattformen, zu Speisezimmern, zu industriell gestylten Businessabteilen, in meiner Wahrnehmung blieben sie jedoch ein Transportmittel für Bergregionen.
Einführung
o. Univ.‐Prof. Dr. Roland Psenner, Präsident EURAC Research
Die hier vorgestellten Entwürfe von Studierenden beweisen, dass Seilbahnen mehr sein können als schmucklose Kisten, die uns von unten nach oben bringen. Sie führen uns in Meerestiefen, bauen Stress ab, werten städtische Räume auf, werden zu Gewächshäusern, Begegnungsräumen, Traumfängern, Sportgeräten, zu open spaces, Arbeitsplätzen, Kunstwerken, Wahrzeichen und – um auf deren Ursprung zurückzukommen – zu Transportmitteln, die alle Vorzüge in sich vereinen: umweltfreundlich, schnell, attraktiv, ohne Wartezeiten und mit geringstem Platzbedarf. Vor allem aber beflügeln sie unsere Phantasie und lassen uns ahnen, was möglich sein kann. Als Naturwissenschaftler vertrete ich die Meinung, dass Fortschritt aus der Grundlagenforschung kommt. Die Arbeiten in diesem Band erinnern mich daran, dass es weitere Quellen des Fortschritts gibt.
Design Thinking on Ropeways
Ein interdisziplinärer Design - Workshop mit Studierenden der
Freien Universität Bozen Bolzano und NABA Nuova Accademia di Belle Arti Mailand
Die enthusiastische Kraft von Ideen sind der eigentliche Motor des Fortschritts
Dott.Ing. Sandro Lazzari, Präsident Dolomiti Superski
Wir als Reiseveranstalter des Seilbahnsektors haben uns als Ziel gesetzt, den Sportlern und den Skifahrern eine Serviceleistung zu bieten.Wir haben die Seilbahnen in erster Linie als Transportmittel betrachtet und genutzt, um den Zugang zu den Skipisten und der Bergwelt zu ermöglichen. Dank der Seilbahnen wurde vielen Leuten die Möglichkeit geboten, nicht nur ihren Lieblingssport zu genießen, sondern auch um wunderbare Orte und Landschaften zu bewundern. Diese hätten die Besucher sonst nicht auf diese Art und Weise erleben können. Technik und erfahrene Ingenieure führten uns zu Orten, die unmöglich erreichbar schienen. Dadurch wurde entdeckt, dass Seilbahnen nicht nur ein Transportmittel sind, sondern auch besondere Emotionen und Gefühle hervorrufen können.
Sie können als Transportmittel oder für anderweitige Zwecke genutzt werden, die noch nicht ergründet wurden. Aber welche? „Dolomiti Superski“ dachte, dass nur junge Köpfe mit freiem Verstand, welcher nicht durch vergangene Erfahrungen beeinträchtigt wurde. Zudem sind sie frei von Sorge und Angst, etwas beweisen zu müssen und konnten sich gänzlich frei dem Thema widmen und es mit einer ganz neuen Art und Weise in Angriff nehmen. Manche Konzepte werden als interessant und praktikabel erachtet, andere wiederum widmen sich der Verwirklichung. Die Entwicklung der Projekte wird von Phantasie und die enthusiastischer Ideenstärke hervorgerufen.
Lehre und Forschung darf nicht im Elfenbeinturm leben
Prof. Antonino Benincasa, Freie Universität Bozen - Bolzano | Fakultät für Design und Künste
Prodekan für Studien und Studiengangsleiter BA Design
Ein Grundprinzip, auf dem der Gedanke von Universität beruht, ist die Einheit von Lehre und Forschung. Eine Universität, ihre Studierenden und Professoren dürfen in diesem Kontext jedoch nicht in einem Elfenbeinturm leben. Die Aufgabe der Forschung ist es, an der Gesellschaft und am wirtschaftlichen Fortschritt einen Beitrag zu leisten. Interaktionen zwischen Universität, Institutionen und der Wirtschaft sind in diesem Kontext unabdingbar. Eine Universität ist ein Ort der Öffentlichkeit. Lehre und Forschung sollten daher im Austausch mit der Gesellschaft stehen, um neue Horizonte öffnen zu können. Genau hier setzen die, in dieser Publikation gezeigten Projekte der Studierenden an. Es sind Ideen, Visionen, Utopien, die im interdisziplinären Konzeptworkshop «Design Thinking on Ropeways» entstanden sind.
Die Arbeiten bewegen sich im Spannungsfeld zwischen Lehre und Forschung und wurden erst durch die Unterstützung der «Dolomiti Superski» ermöglicht. Meine Lehre ist gekennzeichnet durch die ständige Suche nach dem Neuen, nach dem visuell noch Unbekannten, nach einer ästhetisch unverbrauchten Formensprache, nach einer neuen Sichtweise der Dinge, nach dem Sichtbarmachen dessen, was unsichtbar ist, nach dem Begreifbarmachen von dem, was man nicht greifen kann. Die Suche nach Einheit von Form und Funktion, nach dem scheinbaren Widerspruch zwischen Funktionalität und Utopie. All das wird in den hier gezeigten Arbeiten der Studierenden sichtbar und wer weiß, vielleicht wird eine der in diesem Workshop entstandenen Utopien zur Realität.
Die Aufgabe, so frei wie möglich zu denken...
Prof. Emanuela de Cecco, Freie Universität Bozen Bolzano | Fakultät für Design und Künste
Geschichte der zeitgenössischen Kunst
Meine Heimatstadt Genua ist über die Jahre hinweg in die Höhe gewachsen. Aufgrund der steilen Umgebung wurden Seilbahnen und Lifte gebaut, um die höchsten Gipfel zu erreichen. Diese sind Laut der Seite «Touring Club» eine Fusion zwischen Zug und Seilbahn. Instinktiv würde ich eine Seilbahn mit der Bergwelt in Verbindung bringen, doch Rio de Janeiro hat das Gegenteil bewiesen und die Seilbahn in die Stadt gebracht. Dies ist in Genua nicht der Fall. Ein Grund dafür könnte der Mangel an Geld sein.
Davon ließen sich die Studenten während des Workshops jedoch nicht einschränken. Sie sollten die Nutzungsgebiete von Seilbahnen neu erfinden und so frei wie möglich interpretieren.Eine ungewöhnliche Art und Weise, die Wartezeit in Flughäfen zu verbringen oder über die Stadt zu reisen. Einen Club in der Seilbahn, ein fliegendes Museum, eine Gondel die sich in der Natur tarnt, sensorische Fähigkeiten oder Teamwork erfordert. Eine Möglichkeit sich auszutauschen oder unterzutauchen ins Meer.
Mobilität und Design
Prof. Claudio Larcher, NABA Nuova Accademia di Belle Arti Milano
Studiengangsleiter BA Design
Wie stellen wir uns die Mobilität der Zukunft vor? Wie werden die neuen Lösungen für unsere öffentlichen Verkehrsmittel aussehen? Mit diesen Fragestellungen beschäftigten sich die Studierenden in ihren Seilbahnprojekten. Primärer Ausgangspunkt waren dabei die gestalterischen Problemstellungen im Bereich des Produktdesigns und die des Innenlebens einer Seilbahn. Diese Leitgedanken wurden auf das Themengebiet des Service-Design ausgeweitet. Gegenwärtig löst das Servicedesign in zunehmendem Maße die Vorreiterstellung des Produktdesign ab und die Studierenden sind die gestalterischen Wegbereiter dieses Wandels: ein Auto zu besitzen ist nicht mehr so wichtig, weil Car-Sharing den Besitz eines Autos im Alltag nahezu überflüssig macht. Die zweite Grundlage des hier angewandten Designansatzes ist «erfahrungsbasiert».
Wie der Designer Simone Micheli über die Entwürfe seiner Hotels sagte: «Ich gestalte meine Räume nicht als reine Schlafräume für die Menschen, sondern um eine Erlebniswelt zu schaffen, an die sich der Gast für immer erinnern soll.» Gleichermaßen verhält es sich in einer Seilbahn. Dies ist keine alltägliche Art der Fortbewegung, sondern es ist ein echtes Erlebnis! Was geschieht während dieser Erfahrung? Wird eine Erinnerung an die Reise bleiben? Genau hier liegt die richtige Einstellung für ein Design, das es uns erlauben würde, neue Szenarien zu erkunden und zu gestalten. Ein drittes und bedeutendes Thema, das in den verschiedenen Studentenprojekten zum Tragen kommt, ist die Erweiterung von Kooperationen mit Marken und Sponsoren. Sie sind nicht mehr aufdringliche Werbung, sondern werden Veranstalter von Sensationen und Erfahrungen. Mit anderen Worten ein Werkzeug, um die Wahrnehmung der Seilbahn-Welt zu verändern.
Die Publikation «Design Thinking on Ropeways»
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